Gepiden

Die Wanderung der Gepiden

Gepiden

Um dem Wanderungsverhalten eines Volksstammes auf die Spur zu kommen, sollten mehreren Faktoren Beachtung geschenkt werden. Zunächst ist ein genauer Überblick über die vorhandene Quellenlage unerlässlich.
Die Frage „Wer schrieb wann, wo und warum etwas über das Volk der "x"“ könnte der Ausgangspunkt für die Herangehensweise an ein Thema - wie das hier gewählte - sein. Sind Autoren gefunden, die über jenes Volk berichten, könnte auf einen Fragenkatalog2 zurückgegriffen werden, der verschiedenste Aspekte "in Frage stellt".
Hinsichtlich der Gepiden3 sind nur wenige Berichte über ihre Lebensweise und das Siedlungsgebiet vorhanden. Das macht es umso schwerer, wanderungsspezifische Fragen zu beantworten. Anhaltspunkte über Aufenthaltsorte liefern jedoch Schil-derungen über Kriegsereignisse im Donauraum in dieser Epoche.4
Schriftliche Quellen sind uns zwar von Geschichtsschreibern wie Jordanes, Prokop, Ennodius u.a. erhalten; diese beschäftigen sich aber teilweise nur beiläufig mit den Gepiden und lassen oft nur vage Vermutungen über Aufenthaltsorte und gesellschaftliche Zusammenhänge zu.
Der Mangel an Quellen ist allerdings nicht das einzige Problem, welches sich bei der Behandlung der Wanderungsthematik für den Interpreten stellt. Um nur einen weiteren zu nennen: Die verschiedenen etymologischen Varianten des Volksnamens der Gepiden laden geradewegs dazu ein, am Anfang einer Vorstellung nachzugehen, die eventuell ganz ungerechtfertigt ist und den Interpreten in eine falsche Richtung führt.5
Neben den Quellen können archäologische Ergebnisse Hinweise darüber geben, wann und wo ein Volk ansässig war.
Im von mir ausgewählten archäologischen Beispiel des Goldschatzes von Szilàgy-Somlyó, dem H. Sevin ein ganzes Kapitel widmet, soll deutlich werden, dass ein gefundener Goldschatz zwar wahrscheinlich von irgendwem vergraben worden ist; Diese Tatsache liefert jedoch nicht zwangsläufig eine hinreichende Information für die Feststellung der Zugehörigkeit eines bestimmten Volkes, in diesem Fall das Volk der Gepiden.6
Das Ziel dieser Hausarbeit ist damit verbunden, einen möglichst genauen Überblick über die gepidische Geschichte und damit auch das Wanderungsverhalten - so denn mittels der Quellen und der wenigen archäologischen Hinweisen möglich - nachzuzeichnen.
Grundlage für die Informationen bilden die Monographien von C. Diculescu (1922) und H. Sevin (1955). Beide Autoren berufen sich auf die gleichen schriftlichen Quellen, und trotz der zeitlichen Differenz von über dreißig Jahren sind kaum neue Erkenntnisse zu den Gepiden gefunden worden.
Weiterhin erwies sich ein Aufsatz von W. Pohl, mit einer abschließend kritischen Beurteilung zu diesem Volk als nützlich. Insgesamt scheint es in archäologischer Hin-sicht, was Funde wie Schmuck, Kleidung und Tracht sowie Hausinventar angeht, sehr schwierig zu sein, zwischen den unterschiedlichen gotisch-stämmigen Völkern im Karpatenraum zwischen 300 und 700 n. Chr. zu differenzieren.
Nach einem kurzen Überblick über etymologische Varianten des Volksnamen werden dann in drei Phasen die wesentlichen Stationen des wohl ehemals gotischen Volkes aufgeführt. Im Titel der zweiten und dritten Phase wird nicht zufällig auf die Hunnen verwiesen. Wie mir scheint bringt das auf Seite 2 angeführte Zitat, welches Teil des Vorwortes von Sevin ist, die Rolle der Gepiden in der Völkerwanderungszeit präzise auf den Punkt.
Dieses Volk ist hauptverantwortlich für den Untergang des Hunnenreiches.
Der Sieg König Ardarichs - im Verbund mit kleineren Volksstämmen - über die Söhne Attilas sticht, im Gegensatz zu allem vorher Geschehenen und sich daran Anschließenden als außergewöhnliches Ereignis im 5. Jahrhundert heraus. Dieses Volk blieb und bleibt weder wegen außergewöhnlicher Kriegsführung noch überragender Gebietserweiterung im Gedächtnis der Menschen. Mit der zurückgewonnenen Herrschaft im eigenen Land und damit verbundenen Vernichtung der Hunnen machten die Gepiden im Karpatenbecken von sich Reden.
Um Verwirrungen zu vermeiden, sind kritische Anmerkungen und eigene Beurteilungen sowohl in längeren Fußnoten, als auch im Schlussteil, dargestellt, anstatt dadurch direkt in den jeweiligen Textabschnitten Wertungen abzugeben.7
Der Schlussteil soll einerseits eine Zusammenfassung der wichtigsten Stationen bzw. Ereignisse der gepidischen Geschichte, hauptsächlich nach schriftlichen Quellen, sein, andererseits soll abschließend, auf Grund vorliegender Informationen, aber auch eigener Beurteilungen, der Versuch unternommen werden, dieses Volk in Bezug auf sein Wanderungsverhalten einzuordnen bzw. zu charakterisieren. Es wird sich zeigen, dass dieses Unternehmen nicht nur wegen der wenigen überlieferten gepiden-spezifischen Quellen und unzureichenden archäologischen Ergebnisse besonders schwierig wird. Sondern auch wegen der weiteren Tatsache, dass die Berichterstattung über die Gepiden nur durch nicht-gepidische Autoren erfolgte und deshalb keinen direkten, tieferen Einblick in die Gesellschaft dieses Volkes ermöglicht. Dennoch kann man sich hinsichtlich des Wanderungsverhaltens wohl zumindest ein grobes Bild aus den Quellen und wenigen stichhaltigen archäologischen Informationen machen.

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2Im Seminar „Wandernde Völker – wie und warum?“ diente als Orientierung für den Einstieg in das Thema ein „Kleiner Fragenkatalog“ (Autoren: Gebühr, M., Haak, B.).
3Die Gepiden haben sich wahrscheinlich selbst „Gebiden“ genannt. Auf diesen Aspekt wird im Gliederungspunkt, der sich mit der Namenskunde beschäftigt, eingegangen.
4Pohl, W., Die Gepiden und die Gentes an der mittleren Donau nach dem Zerfall des Attilareiches, S.242. (fortan Pohl).
5Anmerkung des Verfassers Sebastian Runde (fortan S.R.): Es scheint zwar intuitiv so zu sein, dass es nicht eine „richtige Richtung“ oder „korrekte Deutung“ gibt; demgegenüber gibt es wohl mindestens eine „falsche Richtung“ oder „falsche Deutung“, die eine darauf aufbauende Theorie schon von Anfang an unmöglich machen könnte. Hinsichtlich des Volksnamens wird sich zeigen, das bestimmte etymologische Varianten des hier zu untersuchenden Volksstammes den Interpreten geradezu einladen, einem bestimmten Bild zu folgen.
6Es wird sich zeigen, dass Sevin keine stichhaltigen Argumente dafür liefert, diesen Goldschatz dem Volk der Gepiden zuzuordnen und trotzdem den Versuch unternimmt, letzteres zu implizieren.
7Die Ausnahme bildet der Abschnitt um den Goldschatz von Szilàgy-Somlyó. Es erschien mir sinnvoll, im Anschluss an die Aufführung einiger Funde und der Stellungnahme Sevins zu diesem Schatz, di- rekt auf ein Argumentationsproblem Sevins in diesem Zusammenhang einzugehen.
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